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Die Situation: Die 28-jährige Frau Mao stellt sich mit allgemeinen Symptomen wie Abgeschlagenheit, Schwäche und verminderter Belastbarkeit vor. Die Anamnese deutet darauf hin, dass diese Symptome schon länger bestehen und keine akuten Auslöser haben. Dies könnte auf eine chronische Erkrankung hinweisen, die bisher nicht diagnostiziert wurde.

Erster Eindruck - Was sind Ihre ersten Gedanken? Welche Erkrankungen/ Probleme kommen in Frage? Eine solche Konsultation wirkt auf den ersten Blick immer schwierig, da die Pat. sehr wenige Informationen liefert und die Symptomatik ein sehr allgemeines Problem darstellt, welches als Haupt- oder Nebensymptom bei nahezu allen medizinischen Problemen auftreten kann. Aus diesem Grunde kommen hier auch verschiedenste Erkrankungsgruppen in Frage: Blutbildveränderungen, endokrinologische Erkrankungen, Hypotonie, (Post)-Infektionserkrankungen, OSAS sind nur einige Möglichkeiten. Aber auch psychisch/ psychosomatische Erkrankungen oder onkologische Probleme müssen bedacht werden. Aufgrund dessen muss auch die folgende Anamnese entsprechend umfangreich sein.

Anamnese - Welche Fragen Stellen Sie? Um die Ursache der Beschwerden genauer zu erfassen, sollten verschiedene Fragen gestellt werden: Ist die Dauer der Symptome vielleicht doch eingrenzbar oder gibt es Unterschiede in der Intensität der Beschwerden zu verschiedenen Tageszeiten gibt. Außerdem sollte die Schlafqualität untersucht werden: Fühlt sich die Patientin morgens erholt? Wird von Schnarchen oder Atemaussetzern berichtet? Weitere relevante Fragen betreffen Veränderungen in Gewicht, Appetit oder Durst sowie das Vorliegen kürzlicher Infektionen oder anderer Krankheiten. Eine zusätzliche Erörterung von B-Sympromatik kann ebenfalls hilfreich sein. Familiäre Erkrankungen, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen, sowie aktuelle Ernährungsgewohnheiten, der Konsum von Tabak, Alkohol oder anderen Drogen und die Einnahme von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln sollten ebenfalls erfragt werden. Zusätzlich bietet sich die kurze Eruierung der Major- und Minor-Kriterien einer Depression erfolgen.

Klinische Untersuchung: Welche körperlichen Befunde erheben Sie? Die klinische Untersuchung umfasst den allgemeinen körperlichen Status einschließlich Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Temperatur sowie die Auskultation von Herz und Lunge. Die Haut und Schleimhäute sollten auf Blässe, Ikterus oder Ausschläge inspiziert werden. Weiterhin sind die Palpation des Abdomens zur Überprüfung auf Vergrößerungen von Leber und Milz sowie eine neurologische Untersuchung zur Überprüfung von Muskelkraft, Reflexen und Sensibilität notwendig. Auch die Untersuchung der Lymphknoten gehört dazu. Ein Depressions-Fragebogen kann bei Verdacht Aufschluss über eine mögliche psychiatrische Genese geben (z.B. Beck-Depressions-Inventar BDI).

Apparative Diagnostik - Benötigen Sie weitere Untersuchungen? Ein Blutbild (beginnend mit einem kleinen Blutbild, bei entsprechenden Auffälligkeiten kann ein Differentialblutbild angeschlossen werden) kann Hinweise auf Anämie, Infektionen oder andere hämatologische Auffälligkeiten geben. Bei einer Anämie mit Veränderung der Erythrozytenparameter können Ferritin, Transferrin und die Transferrinsättigung bzw. Vitamin B12 bestimmt werden, um Eisenmangel oder Vitaminmangelanämien nher zu untersuchen. Die Schilddrüsenfunktionsparameter (zunächst nur TSH, bei klaren Auffälligkeiten sollten fT3, fT4 sowie die Autoantikörper TPO-Ak und TRAK ergänzt werden) sind wichtig, um eine Schilddrüsenfunktionsstörung zu diagnostizieren. Auch Nieren- und Leberfunktionswerte sowie Elektrolyte und Blutzucker sollten bestimmt werden. Ein EKG kann Herzrhythmusstörungen oder andere kardiovaskuläre Auffälligkeiten aufzeigen. Bei Verdacht auf pulmonale Ursachen sollte ein Röntgen-Thorax in Betracht gezogen werden, und bei Verdacht auf kardiale Ursachen kann eine Echokardiographie hilfreich sein. Im Falle unserer Patientin konnte weder anamnestisch noch klinisch eine Auffälligkeit verzeichnt werden. Das angefertigte Labor zeigt die nebenstehenden Ergebnisse.

Arbeitsdiagnose/ Differentialdiagnosen - Zu welchem Schluss kommen Sie nun? Es kann zum Teil anspruchsvoll sein eine so große Fülle an Untersuchungen in einer sinnvollen Reihenfolge, ausgehend von den Ergebnissen der Anamnese und der klinischen Untersuchung zu planen und im richtigen Kontext zu interpretieren. In unserem Falle zeigt sich eine hypochrome, mikrozytäre Anämie, welche im Großteil der Fälle an einen Eisenmangel denken lässt.

Weiteres Vorgehen - Welche Therapie oder welches Procedere besprechen Sie mit dem/ der Pat.? Wie sieht ihr genereller Plan aus? Eine Eisenmangelanämie ist eine sehr häufige Diagnose bei jungen Frauen, meist ausgelöst durch die Menstruationsblutung, seltener durch Ernährungsgewohnheiten. Somit sollte nun in einem zweiten Schritt eine weitere Klärung der Problematik mittels der Bestimmung von Ferritin, Transferrin und der Transferrinsättigung durchgeführt werden. Parallel dazu kann bereits ex juvantibus mit der Gabe eines Eisenpräparates a begonnen werden. Die Effekte des Eisens und die Besprechung der Laborergebnisse sollten unbedingt in einem zweiten Termin in 4-6 Wochen erfolgen. Eine Kontrolle der Patientin ist dringend anzuraten!

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