Die Situation: Herr Wild, 23 Jahre, kommt etwas abgehetzt verspätet zu Ihrer Akutsprechstunde. Ein Blick in die Akte während er sich hinsetzt ruft Ihnen ins Gedächtnis, dass er erst vor anderthalb Wochen mit einem fieberhaften Infekt der oberen Atemwege bei Ihnen gewesen war. Red Flags bestanden nicht, sodass Sie es bei etwas Kamillan und Ibuprofen sowie einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beließen. Eine Wiedervorstellung seitens des Patienten erfolgte nicht. Inzwischen hatte sich Herr Wild gesetzt und beginnt in sehr langsamer kloßiger Sprache zu berichten: "Seit gestern Abend schmerzt mir der ganze Mund so sehr, dass ich kaum reden kann. Sehen Sie sich mal bitte diese Blasen an meinem Zahnfleisch an".
Erster Eindruck - Was sind Ihre ersten Gedanken? Welche Erkrankungen/ Probleme kommen in Frage? Zunächst sollten gezielte Fragen gestellt werden, um das Beschwerdebild weiter zu präzisieren. Dabei ist es wichtig zu erfahren, wann genau die Schmerzen begonnen haben und ob in den letzten Tagen Fieber oder andere allgemeine Krankheitszeichen aufgetreten sind. Es sollte auch nach weiteren Veränderungen im Mund gefragt werden, wie Rötungen, Schwellungen oder einem schlechten Geschmack. Schwierigkeiten beim Schlucken oder Essen sowie andere Symptome wie Hautausschläge, Gelenkschmerzen oder Augensymptome sind ebenfalls relevant. Zusätzlich ist es wichtig zu wissen, ob kürzlich neue Medikamente eingenommen wurden oder Änderungen in der Medikation vorgenommen wurden, ob eine Vorgeschichte von Herpesinfektionen oder anderen viralen Infektionen im Mundbereich besteht, und ob Allergien vorhanden sind, die solche Symptome verursachen könnten. Informationen über ähnliche Krankheitsfälle im Umfeld sowie stressige Ereignisse oder eine geschwächte Immunabwehr sind ebenfalls von Bedeutung.
Anamnese - Welche Fragen Stellen Sie? Zunächst sollten gezielte Fragen gestellt werden, um das Beschwerdebild weiter zu präzisieren. Dabei ist es wichtig zu erfahren, wann genau die Schmerzen begonnen haben und ob in den letzten Tagen Fieber oder andere allgemeine Krankheitszeichen aufgetreten sind. Es sollte auch nach weiteren Veränderungen im Mund gefragt werden, wie Rötungen, Schwellungen oder einem schlechten Geschmack. Schwierigkeiten beim Schlucken oder Essen sowie andere Symptome wie Hautausschläge, Gelenkschmerzen oder Augensymptome sind ebenfalls relevant. Zusätzlich ist es wichtig zu wissen, ob kürzlich neue Medikamente eingenommen wurden oder Änderungen in der Medikation vorgenommen wurden, ob eine Vorgeschichte von Herpesinfektionen oder anderen viralen Infektionen im Mundbereich besteht, und ob Allergien vorhanden sind, die solche Symptome verursachen könnten. Informationen über ähnliche Krankheitsfälle im Umfeld sowie stressige Ereignisse oder eine geschwächte Immunabwehr sind ebenfalls von Bedeutung.
Klinische Untersuchung: Welche körperlichen Befunde erheben Sie? Eine gründliche klinische Untersuchung des Mund- und Rachenraums ist erforderlich. Dies beinhaltet die Inspektion der Mundhöhle, insbesondere des Zahnfleischs, der Zunge und der Mundschleimhaut auf Blasen, Ulzerationen, Rötungen und Schwellungen. Auch die Palpation der Lymphknoten im Halsbereich zur Überprüfung auf Lymphadenopathie und die Untersuchung des Rachenraums und der Tonsillen auf Entzündungen oder Exsudate sind notwendig. Weiterhin sollte die Mundmotorik und der Speichelfluss überprüft und die Haut auf mögliche begleitende Exantheme kontrolliert werden. Zusätzlich gehört die Beurteilung der systemischen Reaktionen: Bestehen Fieber oder eine Hyper-/Hypotonie?
Apparative Diagnostik - Benötigen Sie weitere Untersuchungen? Zusätzlich zur klinischen Untersuchung könnten folgende diagnostische Tests sinnvoll sein: Labordiagnostik wie Blutbild, CRP und BSG zur Überprüfung auf entzündliche Prozesse, sowie eine virale PCR, speziell für das Herpes-simplex-Virus (HSV) bei Verdacht auf eine Herpes-Gingivostomatitis. Ein Abstrich der Blasen für mikrobiologische und virologische Untersuchungen zur Identifizierung des Erregers sowie Serologie bei Verdacht auf andere virale oder bakterielle Infektionen könnten ebenfalls erforderlich sein.
Arbeitsdiagnose/ Differentialdiagnosen - Zu welchem Schluss kommen Sie nun? Basierend auf den bisherigen Informationen müssen folgende Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen werden: Herpes-Gingivostomatitis, typischerweise bei schmerzhaften Blasen im Mund, oft begleitet von Fieber und geschwollenen Lymphknoten; Aphthöse Stomatitis, gekennzeichnet durch kleine, schmerzhafte Ulzera im Mundraum, die nicht viral bedingt sind; Coxsackie-Virus-Infektion (Hand-Fuß-Mund-Krankheit), charakteristisch durch Bläschen im Mund, an den Händen und Füßen, häufig bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen; Stomatitis herpetica, eine rezidivierende orale Herpesinfektion; zusätzlich kann hierbei auch an eine autoimmune blasenbildende (Schleimhauterkrankung) gedacht werden. Ein Pemphigus vulgaris würde nicht gaz passen, da hier eine Blasenbildung im Vergleich zu Erosionen und Ulzerationen eher eine untergeordnete Rolle spielt. Passend wäre aber der beginnende Befall der Schleimhaut, da der Pemphigus vulgaris in einem großen Prozentsatz hier beginnt. Ein bullöses Pemphigoid bzw. Schleimhautpemphigoid könnte optisch schon eher passen, da sich hier auch tatsächlich Blasen an der Schleimhaut ausbilden und dieses häufig spontan auftritt. Allerdings tritt das bullöse Pemphigoid eher ab dem 60. LJ auf.
Weiteres Vorgehen - Welche Therapie oder welches Procedere besprechen Sie mit dem/ der Pat.? Wie sieht ihr genereller Plan aus? Nach der klinischen und apparativen Diagnostik sollte eine gezielte Therapie eingeleitet werden. Bei Nachweis einer Herpesinfektion könnte eine antivirale Therapie, zum Beispiel mit Aciclovir, erforderlich sein. Zur Schmerzreduktion könnten Analgetika wie Ibuprofen oder Paracetamol eingesetzt werden. Topische Behandlungen wie antiseptische Mundspülungen oder topische Anästhetika könnten ebenfalls helfen. Es ist wichtig, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und weiche Nahrung zu achten, um den Mundraum zu schonen und die Ernährung sicherzustellen. Zudem sollten Patienten über Hygienemaßnahmen und die Vermeidung von Auslösern aufgeklärt und beraten werden. Eine Verlaufskontrolle und gegebenenfalls Anpassung der Therapie je nach klinischem Ansprechen und zusätzlichen Befunden ist essenziell. Eine Wiedervorstellung sollte innerhalb weniger Tage zur Evaluation der Therapieeffizienz erfolgen. Im vorliegenden Fall war es bis zum Ende nicht ganz klar, woran der Patient litt, da keine der möglichkeiten zu 100% mit dem tatsächlichen Befund vereinbar ist. Gemeinsam mit den mitbehandlenden Zahnärzten und Hautärzten der Uniklinik haben wir uns auf eine atypische Herpes-Gingivastomatitis (= Gingivastomatitiv herpeticarum) geeinget und mit einer hydrocortisonhaltigen Mundspüllösung behandelt. Nach einer Woche erfolgte eine Kontrollvorstellung mit dem Ergenis, welches auf Bild 2 zu sehen ist. Der Befund hatte sich also gut zurückgebildet. Aus diesem Grund habe ich den Patienten vorerst entlassen, allerdings mit dem Hinweis sich wieder vorzustellen, sobald neue Befunde auftreten, besonders neue Blasen ab jeglichen Körperstellen. UPDATE: 3 Monate später erfolgte eine Routinevorstellung des Patienten, in welchem er von persistenten Parästhesien des Zahnfleisches berichtet, was die initiale Herpesinfektion wahrscheinlich macht (Post-Herpes-Neuropathie).