Die Situation: Ein 23-jähriger Patient stellt sich in Ihrer Akutsprechstunde vor. Ein Blick auf den PC verrät, dass der Patient aus Argentinien stammt und zum Studium in Deutschland ist. Er berichtet, dass er sich seit etwa einer Woche sehr matt und abgeschlagen fühlt. Seit gestern Abend sind zudem rote Flecken im Gesicht aufgetreten, die sich auch auf Brust und Rücken ausgebreitet haben. Der Patient macht sich Sorgen und sucht nach Rat.
Erster Eindruck - Was sind Ihre ersten Gedanken? Welche Erkrankungen/ Probleme kommen in Frage? Bei der Beschreibung von Abgeschlagenheit und dem Auftreten eines Exanthems denkt man zunächst an verschiedene infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen. Zu den wichtigsten Differentialdiagnosen gehören Varizellen (Windpocken), Masern, Röteln, Erythema infectiosum (Ringelröteln) und Impetigo contagiosa. Varizellen sind typischerweise durch vesikuläre Läsionen auf erythematösem Grund gekennzeichnet, die in Schüben auftreten können. Sie sind hochkontagiös und betreffen oft Kinder, können aber auch bei Erwachsenen auftreten. Masern zeigen sich mit einem makulopapulösen Exanthem, das hinter den Ohren beginnt und sich über den Körper ausbreitet, oft begleitet von Fieber, Husten, Schnupfen und Konjunktivitis. Röteln verursachen ein feinfleckiges Exanthem, das meist im Gesicht beginnt und sich nach kaudal ausbreitet, oft begleitet von subfebrilen Temperaturen und Lymphadenopathie. Erythema infectiosum, verursacht durch Parvovirus B19, zeigt eine charakteristische schmetterlingsförmige Rötung im Gesicht. Impetigo contagiosa, eine bakterielle Hautinfektion, ist durch honiggelbe Krusten gekennzeichnet, meist verursacht durch Staphylococcus aureus oder Streptococcus pyogenes.
Anamnese - Welche Fragen Stellen Sie? Um die Diagnose weiter einzugrenzen, ist eine ausführliche Anamnese notwendig. Wichtige Fragen wären: Wann genau traten die ersten Symptome auf? Wurden die Hautveränderungen von anderen Symptomen begleitet, wie z.B. Fieber? Hatte der Patient in der Vergangenheit ähnliche Symptome oder bekannte chronische Erkrankungen? Welche Impfungen hat der Patient erhalten, insbesondere gegen Varizellen, Masern, Mumps und Röteln? Hatte der Patient in letzter Zeit Kontakt zu Personen mit ähnlichen Symptomen oder bekannten Infektionskrankheiten? Wo war der Patient in den letzten Wochen? War er möglicherweise in Regionen mit erhöhtem Infektionsrisiko? Lebt der Patient in einem Studentenwohnheim oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen? Hat er kürzlich unter erhöhtem Stress gestanden? Der Patient gibt an, dass die Symptome mit allgemeinem Unwohlsein und leichter Temperaturerhöhung begannen, aber kein hohes Fieber aufgetreten ist. Er hat keine bekannten chronischen Erkrankungen und ist gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft, aber er ist sich nicht sicher, ob er gegen Varizellen geimpft ist oder ob er sie in der Kindheit durchgemacht hat. Er lebt in einem Studentenwohnheim und hatte kürzlich Kontakt zu einem Kommilitonen, der ähnliche Hautveränderungen zeigte.
Klinische Untersuchung: Welche körperlichen Befunde erheben Sie? Die klinische Untersuchung umfasst das Messen von Temperatur, Blutdruck, Puls und Atemfrequenz zur Beurteilung des Allgemeinzustands. Eine detaillierte Inspektion der Hautveränderungen zeigt multiple vesikuläre Läsionen auf erythematösem Grund im Gesicht, auf der Brust und am Rücken. Einige der Vesikel haben bereits Krusten gebildet. Es sind keine weiteren Hautveränderungen wie honiggelbe Krusten oder schmetterlingsförmige Rötungen zu erkennen. Die Lymphknoten im Halsbereich sind leicht vergrößert und druckschmerzhaft. In der Mundhöhle sind keine Auffälligkeiten festzustellen. Der Patient hat keine vergrößerte Milz oder Leber.
Apparative Diagnostik - Benötigen Sie weitere Untersuchungen? Windpocken sind in den meisten Fällen eine Blickdiagnose welche bei klaren Fällen keiner weiterer serologischer Klärung bedarf. Sollte der Verdacht aber nicht klar sein, können je nach klinischem Befund folgende apparative Diagnostiken sinnvoll sein: Kleines Blutbild, CRP, Leberwerte und Nierenwerte zur Beurteilung des Entzündungsstatus und möglicher Organbeteiligung. Die Serologie zeigt eine akute Infektion mit Varizellen-Zoster-Virus (VZV). Die PCR aus dem Abstrich der Hautläsionen bestätigt das Vorhandensein von VZV-DNA.
Arbeitsdiagnose/ Differentialdiagnosen - Zu welchem Schluss kommen Sie nun? Die Serologie in diesem Fall ist sehr eindeutig. Sollte diese aber nicht angerfertigt werden, sollten im Hinterkopf auch immer folgende Diagnosen bedacht werden: Basierend auf den klinischen und anamnestischen Daten sollten folgende Differentialdiagnosen in Betracht gezogen werden: Varizellen (Windpocken): Typischerweise zeigt sich ein exanthematischer Hautausschlag mit Vesikeln auf erythematösem Grund, oft begleitet von Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl. Masern: Ein makulopapulöses Exanthem, das typischerweise hinter den Ohren beginnt und sich über den gesamten Körper ausbreitet, begleitet von Fieber, Husten, Schnupfen und Konjunktivitis. Röteln: Ein feinfleckiges Exanthem, das meist im Gesicht beginnt und sich nach kaudal ausbreitet, begleitet von subfebrilen Temperaturen und Lymphadenopathie. Erythema infectiosum (Ringelröteln): Ein durch Parvovirus B19 verursachtes Exanthem mit charakteristischer schmetterlingsförmiger Rötung im Gesicht. Impetigo contagiosa: Eine bakterielle Hautinfektion mit typischen honiggelben Krusten, meist durch Staphylococcus aureus oder Streptococcus pyogenes verursacht.
Weiteres Vorgehen - Welche Therapie oder welches Procedere besprechen Sie mit dem/ der Pat.? Wie sieht ihr genereller Plan aus? Nach der Diagnosesicherung (vermutlich Varizellen) sind folgende Maßnahmen zu ergreifen: Der Patient sollte isoliert werden, um eine Weiterverbreitung zu verhindern. Bei Varizellen ist die Kontagiosität besonders hoch. Antipyretika können zur Fiebersenkung, Antihistaminika zur Linderung des Juckreizes und ggf. topische antiseptische Lösungen zur Pflege der Hautläsionen eingesetzt werden. Bei immungeschwächten Patienten oder schweren Verläufen kann eine Therapie mit Aciclovir in Betracht gezogen werden. Der Patient sollte über die Wichtigkeit der Isolation und Hygienemaßnahmen (Händehygiene, Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes) informiert werden. Kontaktpersonen sollten ebenfalls überwacht und bei Bedarf geimpft werden. Die Prognose bei Varizellen ist in der Regel gut, insbesondere bei jungen, gesunden Erwachsenen. Komplikationen wie bakterielle Superinfektionen der Haut oder Pneumonie können jedoch auftreten. Eine Nachsorgeuntersuchung ist ratsam, um den Heilungsverlauf zu kontrollieren und eventuelle Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Um eine Ausbreitung zu verhindern, sollten strenge Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Dazu gehören regelmäßiges Händewaschen, das Desinfizieren von häufig berührten Oberflächen und das Vermeiden von engem Kontakt zu anderen Personen, insbesondere zu immunsupprimierten und schwangeren Frauen.